Ein Blick in die Geschichte verrät die Zeitumstellung
Dieses Wochenende verlieren wir wieder eine Stunde. Die Zeitumstellung bringt unseren Rhythmus durcheinander – doch wieso gibt es sie überhaupt? Ein Blick in die Geschichte verrät es.
Dieses Wochenende ist es wieder soweit! Unsere Uhr wird eine Stunde nach vorne gestellt. Die Sonne wird also eine Stunde später beginnen, ihren Schein über die Welt zu legen, der Hahn wird eine Stunde später krähen als gewöhnlich – und auch der analoge Wecker kommt ohne Hilfe nicht ganz von selbst mit der Umstellung klar. Wir sind dann eine ganze Stunde früher auf den Beinen, die einen schon bei der Arbeit, andere auf dem Schulweg oder sonst unterwegs. Dieses Phänomen nennt sich Zeitumstellung.
Während Phänomene wie Sternschnuppen, Sonnenwenden oder unsere strahlende Sonne natürlichen Ursprungs sind, ist die Zeitumstellung eine menschliche Erfindung. Ein Streich unserer Spezies, könnte man so sagen. Zweimal im Jahr zwingen wir damit nicht nur uns selbst, sondern auch die domestizierten Tiere, sich nach einem neuen Rhythmus zu richten. Der Bauer passt seine Fütterungszeiten an, Flug- und Zugfahrpläne werden neu abgestimmt.
Aber warum eigentlich? Was steckt hinter diesem, fast schon unnötig wirkenden Manöver, das weltweit zweimal jährlich praktiziert wird?
Zur Beantwortung dieser Frage blicken wir zurück ins Jahr 1784 – zu einem Mann namens Benjamin Franklin. Vielen ist dieser Name bekannt, denn Franklin gilt als einer der Gründungsväter der Vereinigten Staaten von Amerika und war unter anderem Mitverfasser der Unabhängigkeitserklärung. Als Schriftsteller, Politiker, Wissenschaftler, Erfinder und Diplomat vereinte er zahlreiche Rollen in einer Person. In einer Zeit, in der sich Frankreich im Umbruch befand und der Adel kurz vor dem Bedeutungsverlust stand, entwickelte Franklin eine Idee, um Kerzen zu sparen.
Er hatte beobachtet, dass die Menschen im Sommer morgens lange schliefen und abends noch wach waren, obwohl die Sonne bereits untergegangen war. Statt nun vorzuschlagen, dass man früher ins Bett gehe oder weniger schlafe, kam ihm ein anderer Gedanke: Wenn sich der gesamte Tagesrhythmus einfach um eine Stunde verschieben würde, könnten die Menschen abends länger vom Tageslicht profitieren – ganz ohne Einschränkungen in ihrer Freizeit. Insofern es diese Freizeit damals überhaupt schon gab. So könnten einige Kerzen eingespart werden.
Umgesetzt wurde Franklins Idee allerdings erst 132 Jahre später. Und das – wenig romantisch – aus einem ganz bestimmten Grund: dem Krieg. Im Ersten Weltkrieg führten Deutschland und Österreich-Ungarn die Zeitumstellung ein, um Energie, insbesondere Kohle zur Stromerzeugung, einzusparen und anderweitig zu nutzen.
In den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten übernahmen viele weitere Länder diese Praxis. Die Schweiz zögerte zunächst – wie so oft. Während etwa Frankreich und Italien die Zeitumstellung bereits 1916 eingeführt hatten, folgten Spanien und die USA 1918. Die EU machte 1977 die Sommerzeit offiziell und legte die Umstellungsdaten fest. Die Schweiz entschied sich 1978 in einer Volksabstimmung dagegen – wenig überraschend. Doch nach zwei Jahren voller logistischer Herausforderungen mit den Nachbarländern, führte auch die Schweiz 1981 die Zeitumstellung ein. Fast 200 Jahre nach Franklins ursprünglicher Idee und über 60 Jahre nach der ersten Umsetzung.
Bis heute wird zweimal jährlich umgestellt. «Mal so und mal so» – würden wohl die Tiere sagen, könnten sie sprechen. Doch wie zeitgemäss ist dieses Konzept eigentlich noch? Ob Winter oder Sommer – heutzutage arbeiten Menschen rund um die Uhr und künstliches Licht ist jederzeit verfügbar. Ob es nun eine Stunde mehr oder weniger hell ist, spielt in vielen Lebensbereichen kaum noch eine Rolle.
Eine Abschaffung der Zeitumstellung wäre dennoch nicht leicht umzusetzen. Sie müsste idealerweise weltweit oder zumindest kontinentweit koordiniert erfolgen. Ein anspruchsvolles Unterfangen, das vorerst wohl nicht zur Debatte steht. Zumindest nicht in naher Zukunft.