Frankreichs grosser Philosoph Voltaire hat mit «Kapitän Kap Verde» eine schnörkellose Komödie geschrieben. Nachfolgend ein Gespräch mit dem Regisseur Niklaus Helbling zur Inszenierung.
«Kapitän Kap Verde» wurde 1732 von Voltaire geschrieben. Was macht das Stück heute aktuell?
Niklaus Helbling: Das Stück ist zuallererst ein «well made play», eine gut gebaute Komödie mit acht interessanten Figuren. Für einen Text aus dem 18. Jahrhundert ist Fanchon, die junge Frau im Zentrum, erstaunlich modern. Sie will der eigenen Verheiratung mit dem Kapitän Kap Verde entkommen und therapiert dazu noch die unglückliche Ehe ihrer Schwester. Dass eine Komödie sich um Liebe, Abstammung und Geld dreht, ist jetzt nicht wirklich besonders aktuell, trotzdem kann man darin leicht heutige und hiesige Verhältnisse sehen.
Was macht Voltaire zu einem guten Komödienschreiber?
Im Laufe der Vorbereitung und Probenarbeit bin ich ein Fan von Voltaire geworden. Seine Komödien hat er ja eher nebenher geschrieben, einfach weil es ihn interessiert hat, wie man das genau macht. In seinem Exil in London muss er sehr viele Stücke gesehen haben. Die Londoner Theaterszene war damals um einiges bürgerlicher oder populärer als in Paris, wo das Theater noch mehr an den Hof gebunden war. Voltaire muss die Tricks und Wendungen der Londoner Stücke geradezu aufgesogen haben. Der «Bedtrick» gehört dazu oder das lächerliche Levée des Grafen. Dazu erfindet er mit Leichtigkeit merkwürdige Figuren und absurde Situationen, die Spass machen zum Spielen und zum Zuschauen. Ich dachte immer, die erste intelligente weibliche Protagonistin in der europäischen Dramatik sei Minna von Barnhelm von Lessing. Stimmt nicht. Voltaire hat das schon 30 Jahre früher gekonnt.
Was ist ein «Bedtrick»?
Ein Trick im Bett, also eine List, mit der ein Mann dazu gebracht wird, mit einer Frau oder seiner Ehegattin zusammenzukommen, die er eigentlich verschmäht, aber durch eine aufregende Lügengeschichte und im Dunkeln für eine verführerische Fremde hält. Der «Bedtrick» führt dazu, dass der Mann quasi mit der eigenen Frau fremd geht. Und umgekehrt erlebt die Frau, wie ihr Mann sie liebt, als sei sie seine Geliebte – und das ohne jeden Skandal.
Das Bühnenbild verwendet Gemälde von Clovis Trouille, einem französischen Maler Anfang des 20. Jahrhunderts. Was erwartet das Publikum da?
Soviel ich weiss, war Clovis Trouille eigentlich Plakatmaler, der Werbung und Dekorationen für Pariser Nachtlokale gemalt hat. Bilder voller anzüglicher Motive; sie sind Gebrauchskunst und Vorläufer von Comics und Pop-Art. Die Surrealisten waren begeistert von Clovis Trouille. Bei uns werden aus den Bildern bunte Vorhänge, mit denen man schnelle Wechsel und Effekte erzielen kann.